In dieser Folge stelle ich die kätzerische Frage, ob die verschiedenen im Markt angebotenen Smart Home Systeme wirklich das Zeug dazu haben, Dein Zuhause auch intelligent zu steuern. Dies ist eine frei aus der Leber entstandene Folge. Ich ärgere mich halt ein wenig darüber, dass so viele Hersteller meinen sie würden Smart Home Lösungen anbieten, nur weil das Produkt eine App Steuerung hat.
Transkript zur Folge
Wie komme ich auf das Thema?
Im Moment bekomme ich sehr viele Angebote auf dem Schreibtisch, wo verschiedene Lösungen von Smart-Home-Systemen von verschiedenen Herstellern angeboten werden.Ich frage mich immer wieder:
Die Werbung verspricht doch Smart-Home – aber eigentlich wirklich Smart sind die Sachen doch gar nicht. Die haben doch nur irgendwie einen Schalter umgebaut der jetzt dafür sorgt dass Licht nicht mehr über Lichtschalter gesteuert wird sondern einfach nur noch über einen Sprachassistenten oder über die App Deines Smartphones. Aber es bleibt
immer noch ein Schalter. Wo ist da die eigene Intelligenz?
Die verschiedenen Smart-Home-Systeme können mittlerweile auch schon eine ganze Menge.
Z.b. bieten fast alle Hersteller, die Lichtsteuerung anbieten, auch Bewegungsmelder und Helligkeitssensoren an, so dass aufgrund von Helligkeiten (Dämmerung, und so weiter) das Licht an oder aus gemacht wird oder auch gedimmt werden kann.
Dann gibt es auch die Möglichkeit der Rollo Steuerung, so dass Deine Rollos oder Jalousien automatisch heruntergefahren werden. Genauso auch die Markisen Steuerung. das Ganze dann auch als Steuerung der Bewässerung
oder der Heizungssteuerung, wo das Heizungsthermostat automatisch erkennt, wenn die Hütte kalt ist und dann die Heizung automatisch hochfährt.
Aber was mir häufig fehlt ist, dass diese Systeme oder Geräte eine eigene Intelligenz besitzen.
Da geht’s dann schon los das nur manche Systeme Deinen Ort erkennen und merken wann das Haus z.b. gar nicht bewohnt ist und die Heizung dann automatisch runterfährt. oder das die Bewegungs- oder Lichtsteuerung erfolgt. Beim Außenlicht wird bspw. erkannt, dass es zwar draußen dunkel ist, aber die Lichter sollen nur Abends eingeschaltet werden. Das Ganze soll also mit mehr Faktoren arbeiten. Da gibt es wieder viele Systeme die das nicht können.
Viele Hersteller haben auch keine Schnittstelle nach außen. Das heißt, die haben ein eigenes abgeschlossenes System. So bieten sie dann nur ihre eigenen Komponenten an, lassen aber keine Fremdsysteme zu.
Selber kommunizieren diese Systeme aber auch nicht nach außen. das heißt also auch wenn man jetzt zusätzliche Systeme nutzen würde, dann könnten diese zusätzlichen Systeme auf das eigentliche System nicht zugreifen oder kommunizieren. Und damit besteht auch keine Möglichkeit, das Ganze mit eigener Intelligenz auszustatten.
Manche Systeme haben wiederum auch keine eigene Logik ab Bord, das heißt sie lassen Bedingungen gar nicht zu sondern bieten Dir nur die Möglichkeit einer Lichtsteuerung und die App. Dann kannst du halt auch über die App deine Farben einstellen dein Licht einstellen und die Helligkeit einstellen aber sie hat gar keine andere Intelligenz.
Und wieder andere Systeme sind zu nichts kompatibel. Die haben halt ihren eigenen Standard,
bieten wie schon erwähnt, keine Schnittstellen nach außen, der
Standard ist nicht offen sondern proprietär. Und damit ist kein anderer Hersteller in der Lage mit diesem System zu kommunizieren. das bedeutet, kein anderer Hersteller kann in diesem System – oder mit diesem System -kommunizieren. Und selber kann man auch keine Komponenten dazu bauen. Es ist ein geschlossenes System.
Das hat man bei Alarmanlagen noch häufig. Dort dass sie nur ihr eigenes System haben wir eigene Komponenten gibt es dann nur die eigenen Komponenten. Nun hast du diese Komponenten bereits gekauft und möchtest sie in dein gesamtes SmartHome System integrieren. Das geht dann nicht weil eben dieses System komplett abgeschlossen ist.
Das ist aus meiner Sicht sehr rückständig.
Ich habe mich jetzt gefragt: Woraus bestehen Smart Home Lösungen überhaupt?
Die Hersteller solcher Lösungen nieten natürlich sehr günstig
Sensoren oder Aktoren an Das sind dann die Komponenten für Lichtsteuerung oder Heizungssteuerung. Dazu gibt es dann meistens ein Gateway oder Hub.
Die eigentliche Intelligenz die ein Hersteller von Smart Home Systemen mit anbietet wird über eine Cloud-Lösung oder Cloud-Infrastruktur realisiert, die die Kommunikation zu den einzelnen Komponenten oder die Steuerungs-App über den Hub herstellt. Zusammengefasst sind es diese vier Komponenten:
- Sensoren und Aktoren
- Das Gateway das die Kommunikation zwischen den Sensoren und Aktoren zur Cloud Infrastruktur übernimmt
- Die Cloud Infrastruktur der Hersteller selber und
- Die Steuerungs-App auf Deinem Smart Phone oder Tablet
Okay, jetzt fragst du dich natürlich zu Recht: was muss denn so ein Smart Home noch können? Warum übe ich jetzt eigentlich diese Kritik hier?
Ja, meines Erachtens muss ein Smart Home noch ein bisschen mehr drauf haben.
Zum Einen muss ein vernünftiges Smart Home System auch mit anderen Smart Home Systemen interagieren und kommunizieren können. das heißt es muss einen gemeinsamen Übertragungsstandard geben, so dass auch fremde Systeme miteinander sprechen können und Informationen austauschen können. Damit kann man eine intelligente Steuerung zwischen den Systemen aufbauen.
Man muss intelligente Verknüpfungen hinbekommen. zumindest bedingte Verknüpfungen erstellen können.
Also z. B. in der Form: „wenn dieser Fall eingetreten ist, dann tue dieses“, konkret: „wenn es dunkel wird, Dann mach das Außenlicht an“ oder „wenn es 21 Uhr ist dann fahre die Rollos runter“ oder „wenn die Sonne untergegangen ist, fahre deine Rollos runter“ oder „Wenn die Temperatur absinkt dann fahre die Heizkörper hoch, wenn dann aber die Fenster aufgemacht werden (was über Fensterkontakte erkannt wird), dann mach kurz Pause mit Heizung hoch bollern“.
Also: All solche Verknüpfungen müssen von Smart-Home-System standardmäßig schon unterstützt werden.
Dein Smart-Home sollte auf jeden Fall neue Komponenten erkennen können. Damit meine ich, dass wenn man wirklich von einem intelligenten Zuhause spricht, so ein System neue Komponenten auch ortsgebunden erkennen kann. Ein Beispiel: Angenommen, Du baust irgendwo in einem Zimmer einfach eine neue Zwischensteckdose ein, die eine Stehlampe steuern soll. Dann muss das System auch erkennen, wo diese Steckdose eingebaut wurde, so dass sie direkt im Wohnzimmer identifiziert wird. Damit wird dann diese Steckdose automatisch bspw. In die Szene für das Wohnzimmerlicht eingebunden.
Aber schauen wir uns erst einmal an: Was ist denn überhaupt aktuell möglich?
Es gibt Ansätze für übergreifende Kommunikationsstandards wie z.b. ZigBee oder EnOcean oder KNX. Diese werden herstellerübergreifend eingesetzt und bieten so den Herstellern die Möglichkeit auf diesem Standard basierte Komponenten untereinander zu kombinieren.
Dann bieten auch Dritthersteller Gateway- oder Cloud-basierte Lösungen an die verschiedene andere Smart-Home-Systeme miteinander kombinieren können und zusammenstellen können. Also beispielsweise das Mediola Gateway kann neben HomeMatic auch zahlreiche andere Hersteller unterstützen und so kann man diese miteinander verknüpfen.
Oder guck dir mal die App „If this then that“ auf dem Smartphone an.
Das ist ein sehr guter Tipp, damit kannst Du verschiedene Dienste sehr einfach miteinander kombinieren. Schau mal unter dem Kürzel „IFTTT“. Die App findest du sowohl für Android als auch für iOS in dem jeweiligen App Store.
Du kannst die App einfach herunterladen und dann hast du automatisch verschiedene Konnektoren um Bedingungen zwischen herstellerübergreifende Geräten zu erstellen.
Man kann damit vollkommen abgefahrene Sachen machen, z. B. „lass mal mein Wohnzimmer rot aufleuchten, wenn die ISS über mein Haus fliegt“ oder „wenn ich im Badezimmer bin (wo mich der Bewegungsmelder erkennt), dann schmeiß den Backofen an und back Brötchen.“
Solche Spielereien sind damit schon möglich. Es werden zahlreiche Hersteller unterstützt und es geht schon komplett in die richtige Richtung.
Als nächste Alternative gibt es verschiedene Ansätze von Hersteller übergreifenden zertifizierten Standards. Neben ZigBee und Co., die sich aus der Entwickler Community entwickelt haben, gibt es mittlerweile auch eigene Institutionen, die versuchen Standards zu etablieren und zugehörige Hersteller Zertifizierungen anzubieten.
Ein Hersteller kann für seine Geräte eine Zertifizierung beantragen. Damit weißt Du als Anwender: „Okay, ich kann dieses Gerät von diesem Hersteller bei mir dann integrieren, wenn die vorhandenen Geräten diesen Standard unterstützen.“
Ein Beispiel hierfür ist „Thread“ (https://www.threadgroup.org).
Und dann gibt es bald den ersten Ansatz von künstlicher Intelligenz.
Damit hätte man die Möglichkeit, die benötigte Intelligenz in Smart Home Geräte zu integrieren, so dass sie wirklich ihre Location erkennen und sich automatisch integrieren.
Um bei dem Beispiel von Vorhin zu bleiben: ich bau mir ein Zwischenstecker irgendwo ein und das Smart Home System erkennt automatisch zu welcher Szene oder zu welchem Kreis dieser zugehört und integriert diesen direkt in die vorhandenen Szenen. Oder der Anwender wird gefragt, ob die im Wohnzimmer neu erkannte Steckdose in die Szene zum Dimmen beim Fernsehen mit integriert werden soll. Dann musst Du als Anwender nur „Ja“ oder „Nein“ sagen, ersparst Dir aber hohen Konfigurationsaufwand. Diesen Aufwand, den wir aktuell noch haben, finde ich nun wirklich nicht mehr Smart.
Genauso kann auch ein neuer Bewegungsmelder für zu Hause erkannt werden, der Außen angebaut wird und nun erkennt Dein Smart Home, dass dieser Bewegungsmelder 2 m vom Wohnzimmerfenster entfernt ist, welches eine Rollo Steuerung hat.
Und nun fragt das System den Anwender, ob es diesen für die Helligkeitssteuerung des Rollos verwenden soll. Das wäre für mich wirklich ein smartes System. Aber da sind wir leider noch ein Stück entfernt.
Genauso auch die Veränderung einer Komponente. Wenn ich beispielsweise den genannten Zwischenstecker vom Wohnzimmer abtrenne und in die Küche packe um dort eine Stehlampe zu steuern oder den Kühlschrank.
Das System erkennt dann: „Hallo, hier der Zwischenstecker ist jetzt gewandert in die Küche.“ – Der hat also in der Szene des Wohnzimmers nichts mehr verloren und soll jetzt in der Küche eine neue Verwendung finden. Bspw. um die Überwachung des Kühlschrankes zu übernehmen, da der Zwischenstecker erkannt hat, dass ein Kühlschrank dort eingesteckt ist.
Das wäre für mich ein smarter Ansatz. Denn technisch wäre das heutzutage schon alles möglich aber leider sind wir aufgrund der Vielzahl von Herstellern und deren Konflikten und Interessen noch weit davon entfernt, einen allgemeingültigen Standard zu finden der das alles möglich machen würde.
Aber das hat es damals schon bei den Videokassetten gegeben. Vielleicht erinnern sich ältere Menschen noch daran: VHS, Betamax oder Video 2000 – wo sich dann eines durchgesetzt hatte. Und so hoffe ich, dass das auch irgendwo im Smart Hone System folgen wird. So dass sie sich auf einen allgemeinen Standard einigen werden, der das möglich macht.
Fassen wir als Fazit noch mal zusammen:
Vom wirklichen Smarten Zuhause sind wir halt doch noch ein Stück entfernt. Es fehlen noch die vielen intelligenten Möglichkeiten, die ich eben nannte.
Aber man kann auch sagen, dass es schon rasant in diese Richtung geht. Die Systeme werden immer cleverer, immer intelligenter und was eigentlich nur fehlt ist ein herstellerübergreifender Standard.
Aber ich bin zuversichtlich, dass sich zwei bis drei große Standards etablieren werden, wenn sich die Großen der Branche einigen werden. Dann glaube ich, ist man auf einem guten Weg. Aber die arbeiten halt noch sehr konträr gegen einander.
Und dadurch bleibt natürlich auch die Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz für Smart Home Systeme auf der Strecke.
Was Ergeben sich daraus für Tipps für deine Entscheidungen, wenn du dich jetzt für ein Smart Home System entscheidest? Hier ein paar Empfehlungen von mir was Du beachten solltest:
- Meines Erachtens sollte es auf jeden Fall ein System mit offenen Standards sein. Das heißt Deine Smart Home Zentrale hat direkt eine Schnittstellen Möglichkeit (z. B. Eine Web API oder irgendeine andere Möglichkeit dass man auch von Drittsystemen die Komponenten ansteuern kann). So dass eine Steuerung nicht nur über die Hersteller eigene App möglich ist. Darauf solltest Du ganz gezielt achten.
- Dann kannst du auch direkt ergänzend mit einer Drittlösung planen wie bspw. dem Mediola Gateway oder ähnlichem, welches mittlerweile viele Hersteller unterstützen. oder Du greifst gleich zur Open Source Lösung wie FHEM oder ähnlichen Lösungen, die auf Raspberry Pi arbeiten. allerdings musst du dann natürlich auch wieder sehr viel selber Hand anlegen. Im Gegensatz zu proprietäre Lösungen, die mit wesentlich schöneren grafischen Benutzeroberflächen aufwarten. Meistens sind dort auch die Konnektoren deutlich schöner und einfacher zu bedienen und Du musst dich nicht mit viel Technik herumplagen. Aber du kannst halt mit diesem Systemen verschiedene Hersteller miteinander kombinieren und dadurch mehr intelligente Steuerung in Dein Zuhause einbauen als es eben nur mit einer Einzellösung der Falle wäre.
- Und mein dritter Tipp wäre, dass Du dir die Werbeaussagen der Hersteller dahin gehend deutlich anguckst ob die Aussage, dass das beworbene Produkt ein „Smart Home“ sei, wirklich so stimmt. Denn nur weil Dein System mit einer App oder über Sprachsteuerung geregelt und gesteuert werden kann ist das in meinen Augen eben noch lange kein „Smart“ Home. Es ist halt nur eine andere Art von Schalter. früher musste ich den Lichtschalter halt mit der Hand bedienen – jetzt macht es halt die App die ich dann aufmachen muss oder eben die Sprachsteuerung Früher konnte ich am Heizungsthermostat einfach drehen – heute macht es dann halt wieder die App. Also hier ganz klar die Werbeaussagen die Hersteller überprüfen.
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